Wie können Rotorblätter von Windenergieanlagen Strom in Zukunft noch effizienter produzieren? Im Projekt Smart Blades entwickelten und prüften die Forscher des Forschungsverbundes Windenergie neue Ideen für intelligente Rotorblätter, die sich dem Wind anpassen können.
Ein Rotorblatt einer Windenergieanlage ist inzwischen bis zu 85 m lang, die Anlagen reichen in Höhen von über 200 m. Das bedeutet, dass Rotorblätter aufgrund der ungleichmäßigen Windverteilung in Bodennähe und im oberen Teil der Anlage einer stark schwankenden Windlast ausgesetzt sind. Die Folge: hohe Belastungen für das Material des Rotorblattes und eine große Herausforderung bei der Regelung der Anlage. Vor allem bei stark böigem Wind kann die Windlast so groß sein, dass die Betreiber ihre Anlagen sogar abschalten müssen, um Schäden zu vermeiden. Wirtschaftlich ist das schlecht, denn starker Wind sorgt für gute Stromerträge. Ideal wären Rotorblätter, die ihre Geometrie an die lokalen Windeinwirkungen anpassen können.
Möglich wird dies durch aktive und passive Technologien, mit denen sich die einzelnen Rotorblättern auf die lokalen Windgegebenheiten einstellen können - sogenannte Smart. Wissenschaftler des FVWE mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Fraunhofer IWES und dem For Wind, dem Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen haben im Projekt Smart Blades die Wirkung dieser Technologien untersucht. Entwicklern und Betreibern von Anlagen bieten die Ergebnisse des Projektes neues Know-how und Werkzeuge um effektivere, kosteneffizientere und zuverlässigere Anlagendesigns auf den Markt zu bringen.
Intelligente Strukturen reagieren auf die Windturbulenz
Wenn sich ein Rotorblatt bei starkem Wind verdreht, so dass es dem Wind weniger Angriffsfläche bietet, sprechen die Wissenschaftler von einer Biege-Torsions-Kopplung. Da diese Biegung allein durch die Kräfte des Windes hervorgerufen wird, handelt es sich um sogenannte passive Mechanismen. Dabei wurden zwei verschiedene Ansätze verfolgt, die diesen Effekt bewirken. Zum einen wurde eine sichelförmige Geometrie untersucht, zum anderen eine besondere Struktur der materiellen Bauweise des Rotorblattes. Beim strukturellen Ansatz werden die Glasfasern, aus denen das Rotorblatt aufgebaut ist, so gelegt, dass es sich bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten verdreht und den Anstellwinkel somit lokal anpasst.
"Die Vorteile der Mechanismen sind, dass die Blätter weniger massiv und damit leichter gebaut werden können. Beide Verfahren haben das Potenzial die Stromausbeute von Windenergieanlagen zu verbessern," beschreibt Alper Sevinc, Smart-Blades-Technologiekoordinator der biegetorsionsgekoppelten Rotorblätter vom Fraunhofer-Institut IWES.
In einem zukünftigen Projekt wollen die Forscher die in der Simulation getesteten Mechanismen an bereits entworfenen Demonstrations-Rotorblättern testen.
Aktive Steuerelemente im Rotorblatt
Ein anderer Ansatz, den die Wissenschaftler verfolgt haben, sind aktive Mechanismen, die die Hinterkanten eines Rotorblattes verändern, womit Anlagenbetreiber die aerodynamischen Belastungen an einem Rotorblatt steuern können. Untersucht haben die Wissenschaftler dabei in sich formvariable Hinterkanten, und starre Hinterkantenklappen. Das Konzept kommt aus der Luftfahrt und lässt sich mit den Klappen an Tragflächen von Flugzeugen vergleichen. Die Untersuchungen ergaben, dass beide Verfahren die Last am Rotorblatt effektiv vermindern. Der Wartungsaufwand bei starren Hinterkantenklappen ist jedoch durch die auftretende Verschmutzung der beweglichen Teile so erheblich, dass die Vorteile von beweglichen Hinterkanten klar überwiegen. Perspektivisch ist auch für diesen Ansatz der Bau von Demonstrationsblättern geplant.